Zum konzeptionellen Profil einer psychologischen Gerontologie
Allgemeines zur Gerontologie
Die Gerontologie definiert sich als Wissenschaft vom Altern und vom Alter
(vgl. http://www.geroweb.de).
Sie befasst sich mit sämtlichen alternsrelevanten Fragen, vor allem
mit der Beschreibung, Erklärung und Modifikation von körperlichen,
psychischen, sozialen, historischen und kulturellen Aspekten des Alterns
und des Alters. Dazu zählen auch alternsrelevante Umwelten und sozialen
Institutionen. Hauptziel der Gerontologie ist, Alternprozesse zu optimieren.
Die Gerontologie ist eine
interdisziplinäre Wissenschaft, die die Psychologie, Ökonomie,
Soziologie, Biologie und andere Geisteswissenschaften streift. Gerontologie
steht quer zu herkömmlichen Fächern und leitet ihre Relevanz
aus Anforderungen der Praxis ab. Gerontologie trägt die Erkenntnisse
der Einzelwissenschaften zusammen um sie für Altenhilfe und Altenarbeit
nutzbar
zu machen. Gerontologie dient als hauptsächlich angewandte Forschung
der Praxis- und Politikberatung.
Informationsmöglichkeiten
zur
Gerontologie finden sich in einem umfangreichen Bestand an Monographien
und Fachzeitschriften. Für den deutschsprachigen Raum ist vor allem die "Zeitschrift
für Gerontopsychologie und -psychiatrie“ zu erwähnen. Dort
findet sich u. a.eine differenzierte (21 Einzelbeiträge umfassende)
Dokumentation zu dem Forschungsprojekt
über "Bedingungen der Erhaltung und Förderung von Selbständigkeit
im höheren
Lebensalter (SIMA)". Gute Informationsmöglichkeiten
gibt es auch im Internet. Besonders zu erwähnen sind hier als Internetadressen
- für einen Gesamtüberblick
unter angemessener Berücksichtigung von psychologischen Fachbeiträgen
- das GEROWEB: http://www.geroweb.de
- Links des Deutschen Zentrums für Alternsforschung (DZFA)
http://www.dzfa.uni-heidelberg.de/links.html
- als Grundlage politischer
Bewertungen der umfangreiche Dritte Altenbericht / Forschungsbericht der
Bundesregierung zur Lage der älteren Generation
http://www.geroweb.de/altenbericht/altenbericht.html
- gesondert aufbereitete,
gebührenfrei zugängliche gerontologische und demographische Daten
sowohl der amtlichen Statistik
wie auch der empirischen Sozialforschung über ältere Menschen
in Deutschland durch
das statistische Bundesamt (Projektförderung durch Bundesministerium
für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend)
http://www.gerostat.de/
- Schließlich vermittelt
das Internet zunehmend einen Überblick zu Leistungsangeboten (z.B.
über Beratungs- oder Therapieangebote)
für ältere Menschen, die durch PsychologInnen - meist freiberuflich
-
bereitgestellt werden.
- Das auf Initiative der
Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen entstandene, unter Koordination des
Instituts für Psychologie der Universität in Bonn gestaltete
Angebot zum Seniorenweb
wird gesondert beschrieben.
Zum Profil einer psychologischen Gerontologie
1. Zum wissenschaftlichen Grundverständnis
Das Selbstverständnis der im gerontologischen Bereich tätigen PsychologInnen
ist durch folgende Grundauffassungen und -anforderungen stark geprägt (vgl. Link 1999):
- Wissenstransfer, Vertrautheit mit
interdisziplinärer Arbeit
- Kontinuierliche Wechselwirkung und
Verbindung von Wissenschaft und Praxis
- Vorrangige Bearbeitung von
wissenschaftlichen Fragestellungen für die Berufspraxis
- Beiträge zur praktischen Verbesserung der
Lebensbedingungen älterer Menschen und zum besseren Verständnis von
Alterungsprozessen
- Mehrdimensionale Erklärung der
Lebenssituation im Alter - im Kontrast zu biologistischen und
deterministischen Betrachtungen - durch
– körperliche Voraussetzungen, aber eben zusätzlich durch
– individuell-psychische Bedingungen und
– umweltliche Bedingungen (ökologische Verankerung)
- Aufgaben der gesellschaftlich-sozialen
Verbesserung von Lebensbedingungen
- Fokussierung auf die alltägliche Lebenswelt
als systemisches Orientierungsmaß für Teilanalysen
- Subjektzentrierung mit Selbstbestimmung als
zentraler Wertkategorie
These 1:
Der Fachkreis "Gerontopsychologie" geht von
diesen Grundauffassungen aus.
Zusätzlich ist für psychologische Beiträge zur
Gerontologie - über sozialwissenschaftliche Methoden hinaus - auch der Einsatz
experimenteller verhaltenswissenschaftlicher Methoden und Verfahren sinnvoll, um
spezifische Bedingungszusammenhänge zu überschaubaren Fragestellungen präziser
abzuklären.
2. Psychologische Schwerpunktthemen im interdisziplinären Kontext
Einen immer noch lesenswerten
interdisziplinären Überblick mit umfangreichen psychologischen Fachbeiträgen
bietet das Funkkolleg ”Altern“ des mittlerweile aufgelösten Deutschen Institut
für Fernstudien 1996/97.
Von den 20 Studieneinheiten stammen 7 von
folgenden PsychologInnen:
- 01. Die vielen Gesichter des Alterns heute (A.Niederfranke, R.Schmitz-Scherzer,
S.H.Filipp)
- 03. Biographische Aspekte des Alterns (S.H.Filipp)
- 05. Psychologische Aspekte des Alterns (A.Kruse, U.Lehr)
- 09. Auseinandersetzung mit Sterben und Tod (R.Schmitz-Scherzer)
- 10. Frauen und Männer altern unterschiedlich (A.Niederfranke)
- 14. Familienbeziehungen und soziale Netzwerke (I.Fooken)
- 15. Wohnen und Alltag im Alter (M.Reichert, W.Saup)
Viele der von PsychologInnen mit ihrer
Sachkompetenz bearbeiteten Themen beziehen sich auf allgemeine
Grundperspektiven. Viele der praxisnahen Aufgabenstellungen werden
im Kolleg hingegen von VertreterInnen anderer Fachdisziplinen - Medizin,
Wirtschaftswissenschaften, Soziologie, Sozialgeriatrie - dargestellt.
Einen wichtigen neuen Beitrag hat die für die Alternsforschung bekannte
Psychologieprofessorin Ursula Lehr
beim LandespsychologInnentag der BDP-Landesgruppe Nordrhein-Westfalen am 22.04.2004 zum Thema
"Der demographische Wandel - Junge und Alte in unserer Gesellschaft" geleistet.
These 2:
Für den Fachkreis besteht es ein
wichtiges berufspolitisches Anliegen darin, auch für die praxisnahen
Aufgabenstellungen des Alterns psychologische Beiträge und
Leistungsmöglichkeiten hervorzuheben.
Psychologische Facherkenntnisse,
die sich für Problemlösungen nutzen lassen, berühren
ein sehr breites Spektrum von Fragestellungen aus unterschiedlichen psychologischen
Praxisfeldern, die auch im BDP vertreten sind.
3. Mangel an praxisorientierten konzeptionelle Ansätze für "Gesundes Altern"
Ganz allgemein läßt sich festhalten (dies soll
nicht als personbezogene Kritik an namhaften Fachvertreter/innen missverstanden
werden), dass sich psychologische Analysen zu Selbstständigkeit
und Aktivität im Alter befassen sich bisher überwiegend mit Themen der Verarbeitung belastender Situationen im Alter
und der Erhaltung psychischer Stabilität in Grenzsituationen (meist im Kontext von
Stressmodellen).Demgegenüber befassen sie sich wenig mit
genuin gesundheitsförderlichen Einflussbedingungen.
These 3:
Der Fachkreis will das
Konzept "Gesundes Altern" fachlich und beruflich durch die Entwicklung und Erprobung von
eigenständigen
gesundheitsförderlichen praxisnahen Interventionsmöglichkeiten mit Leben
füllen.
Literatur
Link, E.: Unselbständigkeit
im Alter aus ökologischer Perspektive. Kassel: University Press 1999. (IAG Interdisziplinäre Arbeitsgruppe für Angewandte
Soziale Gerontologie Kassel)Aus dem
Institut für Psychogerontologie der
Universität Erlangen >
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