| Dipl.-Psych. Maximilian RieländerInhalte: 
 Der familiäre Lebenskontext und seine Bedeutung 
 Menschen leben meist in ‚Familien' (Kleinfamilie, großfamiliäres Umfeld, 
unvollständige Familien, Alleinerziehende mit Kindern, Stieffamilien, 
Ersatzfamilien, familienähnliche Lebensgemeinschaften etc.). Sie möchten sich in 
familiären Beziehungen und Gemeinschaften wohl und integriert fühlen, was ein 
starkes Motiv ihres Fühlens, Denkens und Handelns ist. Wenn Menschen sich in 
'Familien' integriert fühlen, fällt es ihnen viel leichter, körperlich und 
seelisch gesund zu leben und sich bei körperlichen und psychischen Erkrankungen 
zu heilen; wenn Menschen sich wenig in 'Familien' integriert fühlen und darunter 
leiden, neigen sie mehr zu Erkrankungen von Körper und Psyche. ‚Familien' sind 
auch primäre Sozialsysteme der Gesundheitsförderung und solidarischer 
Gesundheitshilfe. Die Weltgesundheitsorganisation betrachtet in der Zielstrategie "Gesundheit für 
alle im 21. Jahrhundert" Familien als die wichtigsten Zielgruppen im Feld der 
Gesundheitsversorgung und Gesundheitsförderung, da die Unterstützung 
partnerschaftlicher und familiärer Integrationsprozesse sich in vielen 
Lebensphasen auf Gesundheits- und Krankheitsprozesse auswirken kann. Seit den 70er Jahren spielt im Bereich professioneller psychosozialer Arbeit die 
systemische Perspektive der Familienorientierung eine große Rolle: Die ‚Familie' 
gilt als ein zu Stabilisierung strebendes System, in dem die Mitglieder durch 
viel persönlichen Einsatz zur Integration beitragen.  
  Familiäre Zielgruppen  Unterstützung im Rahmen einer primären Gesundheitsfürsorge mit Gesundheits- und 
Sozialdiensten bedürfen vor allem Familien mit besonderen Belastungen:  
  unvollständige Familien, vor allem alleinstehende Elternteile mit KindernFamilien mit schwerwiegenden sozialen Belastungen wie Armut, Wohnungsnot, 
  ArbeitslosigkeitFamilien mit traumatisierten, chronisch erkrankten, psychisch erkrankten, 
  behinderten, pflegebedürftigen und sterbenden AngehörigenFamilien in der Trauerphase nach dem Verlust von Angehörigen, auch nach 
  Trennungen und ScheidungenFamilien mit Suchtmittel missbrauchenden Angehörigen, auch wegen der 
  familiären Belastungen durch soziale und psychische Auswirkungen des 
  Suchtmittelmissbrauches Ist ein Familienmitglied durch deutliche Störungen belastet, fühlen sich oftmals 
auch andere Familienmitglieder belastet, meist weil sie ‚mit-leiden', helfen 
wollen und sich dabei aber auch oft selbst hilflos fühlen.   In der 
professionellen Gesundheitshilfe bestehen dann auch folgende systemunterstützenden Aufgaben:   
  günstige Beziehungs-, Verständigungs- und 
Kommunikationsmuster zwischen primär belasteten und betreuenden 
Familienmitglieder fördernUnterstützungsmöglichkeiten für direkt belastete 
Familienmitglieder modellhaft einsetzen und zeigendie Hilfefähigkeiten 
betreuender Familienmitglieder professionell unterstützendie sozialen und 
psychischen Entlastungsmöglichkeiten betreuender Familienmitglieder erweitern. 
  Familienorientierte Angebote der Hilfe 
 In der psychosozialen, psychotherapeutischen und psychiatrischen Betreuung von 
Kindern und Jugendlichen ist die gezielte Arbeit mit Familiensystemen weit 
verbreitet, insbesondere in Erziehungsberatungsstellen und Einrichtungen der 
Kinder- und Jugendpsychotherapie. 
 Im Gesundheitswesen gehört es in vielen Bereichen ‚zum guten Ton', Lebenspartner 
und Familienmitglieder in die Gesundheitsarbeit mit individuellen Klienten 
einzubeziehen. 
 Im Gesundheits-, Sozial- und Bildungswesen gibt es vielfältige 
familienorientierten Angebote mit direkten oder indirekten Zielen der 
Gesundheitsförderung:
 
  Gesundheitshäuser mit partnerschafts- und familienorientierten 
Gesundheitsförder-AngebotenGeburtsvorbereitungskurse für Paaresozialpsychiatrische Diensteambulante PflegediensteBeratungsstellen für psychosoziale ProblemeDrogen- und SuchtberatungsstellenSelbsthilfegruppen für Betroffene und ihre AngehörigenPatientenschulungsmaßnahmen, in die Angehörige miteinbezogen werden können, 
die seit dem Jahr 2000 auch als GKV-Leistungen zur ambulanten Rehabilitation 
möglich sindRehabilitationskliniken für KinderHospize, usw. 
  Ehe- und FamilienberatungsstellenDienste der Jugend- und Sozialhilfe 
  Familienbildungsstättenpaar- und familienorientierte Angebote in der kirchlichen Erwachsenenbildung, 
darunter auch die professionell entwickelte Trainings zur Stabilisierung von 
Partnerschaft "Ein Partnerschaftliches Lernprogramm (EPL)" und "Konstruktive Ehe 
und Kommunikation" (KEK). 
   
  Familienorientierung als gesellschaftliche Zukunftsaufgabe im Gesundheitswesen Verstärkte Familienorientierung ist eine Querschnittaufgabe für Gesundheits-, 
Jugend- und Sozialpolitik. Insbesondere ist der Gesundheitsfokus ‚Familie' 
politisch noch deutlich zu verstärken. Die WHO empfiehlt u.a. den Einsatz von 
Hausärzten und Familiengesundheitsschwestern, die in familiensystemischer 
Betreuung fortgebildet sind.
 Zur professionellen Familienarbeit brauchen Fachleute vermehrt soziale bzw. 
system- und kommunikationsbezogene Fachkompetenzen und entsprechende 
Fortbildungen dazu.
 
  Die Arbeit von PsychologInnen für ‚Familien' und in der familienorientierten 
Fortbildung Viele PsychologInnen leisten gesundheitsfördernde und therapeutische 
Familienarbeit, und zwar in der direkten Hilfe für Familiensysteme, auch durch 
die Einbeziehung von Familienangehörigen in der Arbeit mit individuellen 
KlientInnen und weiterhin im Bereich der Aus-, Weiter- und Fortbildung. In 
vielen der o.g. Bereiche und Einrichtungen professioneller Familienhilfe 
arbeiten PsychologInnen mit, insbesondere in Beratungsstellen und in 
Einrichtungen zur Kinder- und Jugendpsychotherapie. PsychologInnen führen in 
freiberuflichen Praxen Beratungen und Therapien für Paare und Familien sowie 
Partnerschaftstraninings durch.  PsychologInnen arbeiten in der Aus-, Weiter- und Fortbildung für helfende 
Berufe. Dabei tragen sie auch sehr zur Förderung der systemischen Perspektive 
der Familienorientierung bei und befähigen Gesundheitsberufe zu system- und 
familienorientiertem Denken und Handeln.  "Mehr Gesundheitsförderung für belastete Familien" ist ein zukunftsorientiertes 
gesundheitspsychologisches Tätigkeitsfeld mit folgenden Aufgaben:  
    Familienorientierung und ihre systemischen Perspektiven in allen 
    Aufgabenfeldern für Gesundheit betonen und entsprechende Sichtweisen in der 
    Fachwelt und der Öffentlichkeit verbreiternKonzeptionen systemischer familienorientierter Interventionen für 
    professionelle Formen der Gesundheitshilfe entwickeln, in Modellprojekten 
    durchführen und evaluierenin nahezu alle Formen professioneller Gesundheitsleistungen Familien miteinbeziehen, 
    die Art der Einbeziehung dokumentieren und Ergebnisse evaluierenin die Aus-, Weiter- und Fortbildung von Gesundheitsberufen, 
    insbesondere von Hausärzten Familiengesundheitsschwestern und Pflegekräften, sowie in 
Fortbildungen für Multiplikatoren im Erziehungs- und Sozialwesen systemische und familienbezogene Fachkompetenzen vermitteln. Die zukunftsorientierten Marktchancen für den Einsatz gesundheitspsychologischer 
Leistungen in o.g. Einrichtungen der Familienhilfe hängen im wesentlichen davon 
ab, ob sich - neben den Spartendenzen in den öffentlichen Haushalten - die 
gegenwärtigen Trends zu einer familienfreundlichen Gesamtpolitik verstärken. 
Eine gesundheitsfördernde (nicht-therapeutische) Arbeit mit belasteten Familien 
ist aus Finanzierungsgründen fast nur durch Anstellungen in Einrichtungen der 
Familienhilfe möglich, jedoch kaum durch freiberufliche Tätigkeiten. Freiberufliche Marktchancen können sich PsychologInnen mit 
‚Familien-Spezialisierung' im Feld der Aus-, Weiter- und Fortbildung, im Feld 
der Öffentlichkeitsarbeit und Medien sowie eventuell auch durch Mitarbeit in 
familienorientierten Forschungsprojekten erobern.
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