"Zur aktuellen Bedeutung der Graphologie als Fachgebiet der psychologischen Gesamtberufe" - Rudolf Günther
& Renate Joos
Die Handschrift ist die nach vollzogener Schreibhandlung auf der
Schreibfläche zurückgebliebene Bewegungsspur. Sie ist persönlichkeitseigen und
durch Übung automatisiert.
Die Schriftpsychologie befasst sich mit der Handschriftdiagnostik als
einem eigenständigen Verfahren, das die Bewegungsspur der Handschrift als
menschliches Verhalten zum Gegenstand der Forschung und Anwendung macht.
Zur Einführung verweisen wir u.a. auf die neuere Literatur:
- Wallner, T. (1998): Lehrbuch
der Schriftpsychologie. Grundlegung einer systematisierten
Handschriftendiagnostik. Heidelberg.
- Bürgi, A.(1998): Graphologie heute für Anwender und Skeptiker, Bülach/CH.
Seit 400 Jahren werden das Schriftbild und seine
Dimensionen untersucht und mit den jeweiligen Methoden definiert. Eine moderne
Schriftpsychologie beschreibt den Prozess von der Variablenerfassung bis zur
Deutung der Schrift unter Wahrung psychologischer Gütekriterien und bemüht
sich um eine entsprechende Befundsicherung.
Das Ergebnis ist ein Persönlichkeitsprofil, das die
Individualität des Schreibenden widerspiegelt und, in Verbindung mit anderen
diagnostischen Verfahren, einen Beitrag zur Urteilsbildung leisten kann. Der
Vorteil dieses Mediums:
- Schriftproben unterliegen keinen Verzerrungen durch die Testsituation.
- Schriftproben sind kostengünstig und oft noch nach Jahren verfügbar.
- Konstanz und Konsistenz der Handschriftvariablen bleiben über
Jahre hin auf hohem Niveau erfassbar.
Die Gültigkeitsnachweise auf der Gutachterebene
hängen in ihrer Qualität von der Ausbildung und den Fähigkeiten der Gutachter
ab. Nur ein mehrjähriges, intensives Studium bewirkt ein solches Können.
Die Schriftpsychologie war in früheren Jahren ein Fachstudium an Universitäten, das mit einem eigenen Examen abgeschlossen werden konnte.
Die Aus- und Fortbildung in Schriftpsychologie wird inzwischen von
Berufsverbänden durchgeführt, die in der
Europäischen Gesellschaft für Schriftpsychologie und Schriftexpertise (EGS) zusammengeschlossen
sind; sie legen auf qualitativ hochwertige Ausbildung und Fortbildung sowie auf entsprechende Prüfungsregelungen großen Wert.
Im beruflichen Einsatz lässt sich die Schriftpsychologie in verschiedenen psychologischen Disziplinen zur Persönlichkeitserfassung
nutzen, z.B.
- in Beratung und Begleitung,
- als Breitbandverfahren und Zusatzinstrument in der klinisch-diagnostischen Praxis,
- in Medizin und Psychiatrie,
- vor allem aber auch im pädagogischen Bereich, der Kinder- und Jugendberatung,
- in der Berufsberatung,
- im Personalmanagement,
- in Forensik,
- bei der tieferen Erfassung historisch herausragender Persönlichkeiten aufgrund von schriftlichen Zeugnissen.
Die Europäische Gesellschaft für Schriftpsychologie und Schriftexpertise (EGS)
bietet weitere
Informationen zur schriftpsychologischen Berufstätigkeit.
"Zur aktuellen Bedeutung der Graphologie als Fachgebiet der psychologischen Gesamtberufe" - Rudolf Günther
& Renate Joos