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"Ideenmarkt: Neue Dienstleistungen für das Gesundheitswesen" am 24.06.2003 in Berlin
Bericht von Dipl.-Psych. Julia Scharnhorst, MPH
Der Ideenmarkt war Teil eines von 3/2001 bis 2/2004
dauernden Forschungsprojektes, gefördert vom Bundesministerium für Bildung
und Forschung. Ziel des Projektes war es, die Methode des Service
Engineering, die in Wirtschaft und Handel erarbeitet wurde, auf das
Gesundheitssystem in Deutschland zu übertragen und innovative,
patientenorientierte Dienstleistungen für das Gesundheitswesen zu
entwickeln.
Anhand von Internetrecherchen und der Arbeit von ca. 30
Expertinnen eines »Think tank« wurden mögliche Dienstleistungsideen für
das Gesundheitswesen herausgefiltert. Über das Gesundheits-Panel der Uni
Witten-Herdecke wurden daraus dann schließlich sieben Dienstleistungen,
denen Expertinnen und Nutzer des Gesundheitssystems reelle Chancen auf dem
Markt des deutschen Gesundheitswesens einräumen.
Die Einladung zum
Ideenmarkt erging an zahlreiche Akteure aus dem deutschen
Gesundheitswesen, u.a. auch an den BDP. Das Ziel war es, eine oder mehrere
dieser Dienstleistungsideen mit KooperationspartnerInnen exemplarisch zu
realisieren. Durch die Diskussion in Arbeitsgruppen zu den einzelnen Ideen
erhofften die Veranstalter das spontane Entstehen von Kooperationen zur
Umsetzung von Dienstleistungsangeboten. Eingeladen hatte die Berliner
Schule für Gesundheit GmbH.
In der Kürze der Zeit kamen zwar
interessante Fachgespräche zustande, die erhoffte Realisierung von Ideen
zeichnete sich jedoch nicht ab. Bevor Firmen sich auf die Umsetzung von
Projekten einlassen, die einiges an Finanzmitteln erfordern, werden sie
deutlich mehr Zeit und Recherche aufwenden wollen. Dennoch ist es
sicherlich für PsychologInnen, die sich im Gesundheitswesen engagieren,
interessant zu wissen, welche Dienstleistungen zur Zeit als erwünscht
gelten und für realisierbar gehalten werden. Es sind dies:
1. Zeitschrift »Test« für das Gesundheitswesen
Die Zeitschrift
publiziert leicht verständlich hochwertige Qualitätsinformationen über
Behandlungsmöglichkeiten, Gesundheitseinrichtungen, Ärzte sowie Berichte
von Patienten. (Derartige Zeitschriften existieren bereits in den USA und
Großbritannien, jedoch ohne großen Erfolg.)
2. Evidenzbasierte Medizin – verständlich
Evidenzbasierte medizinische Leitlinien und
Übersichtsarbeiten sollen für Laien verständlich aufbereitet und ihnen
leicht zugänglich gemacht werden. (Ein ähnliches Projekt führt die GEK in
Zusammenarbeit mit dem IGES in Hannover durch.)
3. Krankengeschichten- Management
Die Dienstleistung macht den
Patienten zum Eigentümer seiner Krankengeschichte. Die Informationen
werden vom Dienstleister zentral zusammengestellt und für Laien
verständlich aufbereitet. (Auch hier gibt es bereits Angebote, die bislang
nicht sehr erfolgreich sind, in Form von elektronischen Patientenakten,
z.B. für Diabetiker.)
4. Expertenwissen – verständlich
Das Expertenwissen der Berufsgruppen zu einer Erkrankung und ihren
Behandlungsmöglichkeiten wird gesammelt und gegenseitig sowie Patienten
zur Verfügung gestellt. (Ähnliches versuchen verschiedene
Gesundheitsportale im Internet.)
5. Mittler Gesundheits- und Sozialwesen
Der Anbieter dieser Dienstleistung würde sich um
Patienten kümmern, die sowohl vom Gesundheitssystem als auch vom
Sozialsystem Unterstützung brauchen. Er würde dabei das Zusammenspiel
dieser beiden Systeme planen und koordinieren. (Einige
Krankenversicherungen betreiben einen solchen Service für schwer oder
chronisch erkrankte Versicherte unter dem Begriff
Case-Management.)
6. Information über Qualitätsperspektiven
Eine Dienstleistung dieser Art sammelt
Informationen über die Qualität medizinischer Versorgung aus Sicht von
Medizinern, Pflegekräften und Patienten und macht sie – beurteilt und
bewertet – zugänglich.
7. Interdisziplinäre Aus- und Fortbildung
Interdisziplinäre Aus-, Weiter- und Fortbildungen zu
bestimmten Diagnosen und/oder Problemen sollen für die beteiligten
Berufsgruppen im Gesundheitswesen organisiert und angeboten werden.
Wie bereits aus der Beschreibung der Dienstleistungsideen deutlich wird, sind
die Ideen nicht alle neu. Einige Firmen haben bereits versucht, sie auf
dem Markt einzuführen. Die meisten sind damit gescheitert. Dennoch bieten
die Ideen Anregungen für Dienstleistungen, die auch durch PsychologInnen
durchgeführt werden können. Das muss nicht gleich bundesweit und im großen
Rahmen erfolgen, sondern lässt sich vielleicht im kleineren Maßstab
regional umsetzen.
Vorrangig wurde das Interesse an Qualität und
Transparenz sichtbar. Vielleicht können einige KollegInnen aufgrund dieser
Informationen, die ja einer gut durchgeführten Marktforschung entsprechen,
neue berufliche Ideen entwickeln und erfolgreich umsetzen. In die
Diskussionen konnte eingebracht werden, dass PsychologInnen Teil des
Gesundheitssystems sind. Ursprünglich bezogen sich die Gespräche
vorwiegend auf Ärzte und Pflegekräfte bzw. somatische Erkrankungen. So war
auch die Vertretung des BDP auf der Tagung sinnvoll und
nützlich.
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