Seite erstellt am 18.08.1998
 Seite aktualisiert am 27.03.2017

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"Ideenmarkt: Neue Dienstleistungen für das Gesundheitswesen" am 24.06.2003 in Berlin

Bericht von Dipl.-Psych. Julia Scharnhorst, MPH

Der Ideenmarkt war Teil eines von 3/2001 bis 2/2004 dauernden Forschungsprojektes, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Ziel des Projektes war es, die Methode des Service Engineering, die in Wirtschaft und Handel erarbeitet wurde, auf das Gesundheitssystem in Deutschland zu übertragen und innovative, patientenorientierte Dienstleistungen für das Gesundheitswesen zu entwickeln.

Anhand von Internetrecherchen und der Arbeit von ca. 30 Expertinnen eines »Think tank« wurden mögliche Dienstleistungsideen für das Gesundheitswesen herausgefiltert. Über das Gesundheits-Panel der Uni Witten-Herdecke wurden daraus dann schließlich sieben Dienstleistungen, denen Expertinnen und Nutzer des Gesundheitssystems reelle Chancen auf dem Markt des deutschen Gesundheitswesens einräumen.

Die Einladung zum Ideenmarkt erging an zahlreiche Akteure aus dem deutschen Gesundheitswesen, u.a. auch an den BDP. Das Ziel war es, eine oder mehrere dieser Dienstleistungsideen mit KooperationspartnerInnen exemplarisch zu realisieren. Durch die Diskussion in Arbeitsgruppen zu den einzelnen Ideen erhofften die Veranstalter das spontane Entstehen von Kooperationen zur Umsetzung von Dienstleistungsangeboten. Eingeladen hatte die Berliner Schule für Gesundheit GmbH.

In der Kürze der Zeit kamen zwar interessante Fachgespräche zustande, die erhoffte Realisierung von Ideen zeichnete sich jedoch nicht ab. Bevor Firmen sich auf die Umsetzung von Projekten einlassen, die einiges an Finanzmitteln erfordern, werden sie deutlich mehr Zeit und Recherche aufwenden wollen. Dennoch ist es sicherlich für PsychologInnen, die sich im Gesundheitswesen engagieren, interessant zu wissen, welche Dienstleistungen zur Zeit als erwünscht gelten und für realisierbar gehalten werden. Es sind dies:

1. Zeitschrift »Test« für das Gesundheitswesen
Die Zeitschrift publiziert leicht verständlich hochwertige Qualitätsinformationen über Behandlungsmöglichkeiten, Gesundheitseinrichtungen, Ärzte sowie Berichte von Patienten. (Derartige Zeitschriften existieren bereits in den USA und Großbritannien, jedoch ohne großen Erfolg.)

2. Evidenzbasierte Medizin – verständlich
Evidenzbasierte medizinische Leitlinien und Übersichtsarbeiten sollen für Laien verständlich aufbereitet und ihnen leicht zugänglich gemacht werden. (Ein ähnliches Projekt führt die GEK in Zusammenarbeit mit dem IGES in Hannover durch.)

3. Krankengeschichten- Management
Die Dienstleistung macht den Patienten zum Eigentümer seiner Krankengeschichte. Die Informationen werden vom Dienstleister zentral zusammengestellt und für Laien verständlich aufbereitet. (Auch hier gibt es bereits Angebote, die bislang nicht sehr erfolgreich sind, in Form von elektronischen Patientenakten, z.B. für Diabetiker.)

4. Expertenwissen – verständlich
Das Expertenwissen der Berufsgruppen zu einer Erkrankung und ihren Behandlungsmöglichkeiten wird gesammelt und gegenseitig sowie Patienten zur Verfügung gestellt. (Ähnliches versuchen verschiedene Gesundheitsportale im Internet.)

5. Mittler Gesundheits- und Sozialwesen
Der Anbieter dieser Dienstleistung würde sich um Patienten kümmern, die sowohl vom Gesundheitssystem als auch vom Sozialsystem Unterstützung brauchen. Er würde dabei das Zusammenspiel dieser beiden Systeme planen und koordinieren. (Einige Krankenversicherungen betreiben einen solchen Service für schwer oder chronisch erkrankte Versicherte unter dem Begriff Case-Management.)

6. Information über Qualitätsperspektiven
Eine Dienstleistung dieser Art sammelt Informationen über die Qualität medizinischer Versorgung aus Sicht von Medizinern, Pflegekräften und Patienten und macht sie – beurteilt und bewertet – zugänglich.

7. Interdisziplinäre Aus- und Fortbildung
Interdisziplinäre Aus-, Weiter- und Fortbildungen zu bestimmten Diagnosen und/oder Problemen sollen für die beteiligten Berufsgruppen im Gesundheitswesen organisiert und angeboten werden.

Wie bereits aus der Beschreibung der Dienstleistungsideen deutlich wird, sind die Ideen nicht alle neu. Einige Firmen haben bereits versucht, sie auf dem Markt einzuführen. Die meisten sind damit gescheitert. Dennoch bieten die Ideen Anregungen für Dienstleistungen, die auch durch PsychologInnen durchgeführt werden können. Das muss nicht gleich bundesweit und im großen Rahmen erfolgen, sondern lässt sich vielleicht im kleineren Maßstab regional umsetzen.

Vorrangig wurde das Interesse an Qualität und Transparenz sichtbar. Vielleicht können einige KollegInnen aufgrund dieser Informationen, die ja einer gut durchgeführten Marktforschung entsprechen, neue berufliche Ideen entwickeln und erfolgreich umsetzen. In die Diskussionen konnte eingebracht werden, dass PsychologInnen Teil des Gesundheitssystems sind. Ursprünglich bezogen sich die Gespräche vorwiegend auf Ärzte und Pflegekräfte bzw. somatische Erkrankungen. So war auch die Vertretung des BDP auf der Tagung sinnvoll und nützlich.